20 Körper-Mythen im Faktencheck; über gefährliches medizinisches Halbwissen, das in Arztpraxen und Kliniken verbreitet wird:

Falsche Diagnosen,
riskante Therapien,
veraltetes Wissen oder
eigene Interessen:
Wenn Mediziner es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, kann es für Patienten schnell gefährlich werden...

ann ist Lügen strafbar?
Erstaunlicherweise ist der Gesetzgeber mit Menschen, die zu Lügen greifen, ziemlcih nachsichtig: Man darf bei einem Vorstellungsgespräch lügen, wenn es um Fragen zur eigenen Gesundheit geht. Angeklagte dürfen sogar vor Gericht lügen, um sich nicht zu belasten. Und überhaupt ist es schwierig, nachzuweisen, wann jemand bewusst lügt oder ob er zum Beispiel aus Unkenntnis nicht die Wahrheit sagt. Natürlich wird niemand gern belogen, was aber, wenn von dem Wahrheitsgehalt einer Aussage die eigene Gesundheit oder sogar das Leben abhängt? Was also, wenn dein Arzt dich belügt? Manche Ärzte verschweigen Informationen, um sich nach Behadlungspannen vor Schadenersatzansprüchen und Prozessen zu schützen. Aber oft wird Patienten auch von vornherein die Wahrheit vorenthalten. Wir befinden uns in einem gefährlichen Graubereich der Medizin, in dem manche Ärzte unpassende, unnötige Therapien verschreiben. Die Gründe für derartige Arztlügen sind vielfältig.

  1. Unwissenheit: Selbst bahnbrechende neue Erkenntnisse brauchen bis zu 15 Jahre, bis sie von allen behandelnden Aärzten berücksichtigt werden. Beispiel: Infusionen mit durchblutungsfördernen Medikamenten (Rheologika) bei Hörsturz. Bis vor wenigen Jahren eine Standardtherapie - bis Studien belegten, dass sie nicht nur unwirksam ist, sondern zu irreparablen Nervenschäden führen kann.
  2. Unehrlichkeit: Eine Frage, vor der sich viele Ärzte fürchten, lautet:
    "Was würden Sie tun, wenn Sie an meiner Stelle wären?". Ob Ärzte ihren Patienten bei einer Darmkrebs-Diagnose tatsächlich die Behandlung empfehlen, die sie selbst als die beste erachten, sollte in einer Umfrage der Duke University in North Carolina geklärt werden. Das Ergebnis alamierte die Fachwelt: Von 500 befragten Ärzten rieten 40 Prozent ihren Patienten zu einer Operation, die sie für sich selbst ablehnen würden, weil sie zu viele Nebenwirkungen hat. Einziger Grund für die Empfehlung: Die Sterberate ist niedriger als bei anderen Operationsarten. Und das minimiert mögliche juristische Konsequenzen für den Arzt, sollte ein Patient die OP nicht überleben.
  3. Selbstüberschätzung: Das "American Journal of Medicine" beziffert die Häufigkeit von Fehldiagnosen auf 15 Prozent. "Ärzte, die sich "absolut sicher" in ihrer Diagnose waren, lagen zu 40 Prozent falsch", sagen die Leiter der Studie, Eta Berner und Mark Graber.
  4. Vorteilsnahme: Nicht selten stehen auch wirtschaftliche Interessen bei einer Therapie im Vordergrund. Ratsuchende Patienten werden nach Ansicht des Heidelberger Arztes und Buchautors Gunter Frank "zum Bestandteil einer medizinischen Wertschöpfungskette". Ein Beispiel: Für den eingangs erwähnten Hörsturz empfehlen manche Mediziner Verfahren wie Magnetresoanz- oder Sauerstofftherapie - Behandlungen, deren Nutzen nicht nachgewiesen ist, die jedoch mehr Geld einbringen, als würde man den Patienten einfach zur Krankengymnastik schicken. Denn ein Hörsturz kann auch durch muskuläre Verspannungen ausgelöst werden, die die Gymnastik beheben kann. Auf den nächsten Seiten haben wir 30 Mythen über den Körper aufgeführt, von denen Studien belegen, dass sie schlicht überholt sind. Dennoch halten viele Ärzte an ihnen fest. Ob wissentlich oder unwissentlich, kann man von außen nicht entscheiden...

  1. Der Arzt sagt: Nie mehr als 2 Eier pro Woche, sonst steigt der Cholesterinspiegel
    CHECK:
    Es ist durchaus gesund, auch täglich ein Ei zu essen. Zwar enthält es viel Cholesterin, doch Studien haben ergeben, dass Eier die Blutfettwerte nicht beeinflussen. Im Gegenteil: Das im Ei enthaltene Lecithin schützt Leber und Dickdarmschleimhaut, verbessert die Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung. Außerdem verhindert es sogar die Aufnahme des Cholesterins aus dem Eigelb in der Darmwand.
    Quelle: European Food Safety Report
  2. Der Arzt sagt: Kaffee verstärkt den Flüssigkeitsmangel bei Diabetes
    CHECK:
    Auch Diabetiker können Kaffee trnken. Er reduziert den Flüssigkeitshaushalt des Körpers nur sehr geringfügig und kann durchaus in die Flüssigkeitsbilanz pro Tag eingerechnet werden. Zudem beugt Kaffee durch seinen Magnesiumgehalt Diabetes vor.
    Studio des Medical Center der Universität Utrecht
  3. Der Arzt sagt: Patienten mit Akne sollten wenig Zucker und Fett essen
    CHECK:
    Zwar hat die Ernährung Auswirkungen auf das Hautbild. Doch ein Zusammenhang zwischen Akne und erhöhtem Zucker- und Fettkonsum konnte nicht belegt werden. Der Ernährungswissenschaftler Udo Pollmer vermutet hinter dem Pickel-Problem in der Pubertät eher den Einfluss von Sexualhormonen sowie des Stresshormons Cortisol: "Diese Botenstoffe beeinflussen die Talgdrüsen der Haut und können somit Akne verursachen."
    Studie der Columbia University, Newe York City
  4. Der Arzt sagt: Viel Vitamin C stärkt das Immunsystem
    CHECK:
    Es gibt keinen eindeutigen medizinischen Beleg dafür, dass große Dosen Vitamin C vor einer Ansteckung schützen. Bei Männern und Frauen, die ab Beginn Ihrer Erkältung Vitamin C einnahmen, verkürzte sich die Erkrankungsdauer nicht. Viel wichtiger sind Zink und Magnesium.
    Studie der Australien National University
  5. Der Arzt sagt: Nagelflecken deuten auf einen Mangel an Calcium hin
    CHECK:
    Nein, solche weißen Flecken sind völlig harmlos. Meist gehen sie auf falsche Pflege oder übermäßiges Zurückziehen der Nagelhaut zurück. Calciummangel ist jedenfalls nicht dafür verantwortlich.
    Quelle: Deutsche Gesellschaft für ERNÄHRUNG
  6. Der Arzt sagt: Gegen Falten der unteren Gesichtshälfte hilft Botox.
    CHECK:
    Lieber nicht, zumindest nicht langfristig! Es führt in vielen Fällen zu unnatürlichem, maskenhaftem Aussehen. Denn Butulinumtoxis ist eines der stärksten Nervengifte der Welt, das bei unsachgemäßer Anwendung zu Lähmungen führen kann.
    Studio der ETH Zürich
  7. Der Arzt sagt: Alle Weisheitszähne müssen entfernt werden.
    CHECK:
    Wenn sie noch nicht durchgebrochen sind und keine Schmerzen verursachen, ist eine Operation völlig unnötig. Auch für die Behauptung, dass sie die vorderen Frontzähne verschieben, fehlt ein Beleg.
    Studio der Universität Bergen
  8. Der Arzt sagt: Nach dem Herzinfarkt gilt striktes Sex-Verbot
    CHECK:
    Nein. Liebemachen stimuliert sogar die Durchblutung und Regeneration des lebenswichtigen Pumporgans. Sexuelle Aktivität kann zwar insbesondere während des Orgasmus zu einem Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks führen, allerdings nur kurzfristig für wenige Sekunden. "Außerdem wird dabei selten ein Puls von 130 pro Minute und ein Blutdruck von 170 mmHg überschritten", sagt Norbert Smetak, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen. Die Ausschüttung der Glückshormone hilft aber über ängstlich.depressive Phasen nach der Erkrankung hinweg. Die Grundregel lautet allerdings: Bitte alles sehr langsam angehen lassen.
    Wissenschaftliche Stellungsnahme der American Heart Association
  9. Der Arzt sagt: zu viel Schokolade löst Migräne aus
    CHECK:
    Schokolade und andere Süßigkeiten gelten als häufige Auslöser von Migräne. Der Hintergrund: Bis zu 70 Prozent der Patienten berichten, dass sie vor der Attacke Heißhunger auf Süßes haben. Eine Studie hat nun gezeigt, dass die Süßigkeiten kein Auslöser sind. Die Lust darauf ist lediglich ein Signal für den bevorstehenden Anfall. Der Grund ist einfach: "Das Gehirn benötigt Energie für die kommende Attacke", sagt der Kopfschmerzexperte Prof. Peter Kropp. Wer noch nie Migräne hatte, wird auch durch Schokolade keine bekommen.
    Studie am Zentrum für Nervenheilkunde, Uni Rostock
  10. Der Arzt sagt: Für das Herz ist Margarine besser als Butter
    CHECK:
    Pflanzliche Öle und Fette können ebenfalls Arteriosklerose fördern. Außerdem entstehen bei der Herstellung des Brotaufstrichs sogenannte veränderte Fettsäuren, die sogar schädlicher sind als das Cholesterin in Schmalz oder Butter.
    Empfehlung d. Deutschen Gesellschaft für Ernährung
  11. Der Arzt sagt: Zu viel Zucker erhöht das Risiko für Diabetes
    CHECK:
    Der entscheidene Risikofaktor für Altersdiabetes ist nicht Zucker sondern Übergewicht. Vor allem das sogenannte viszerale Bauchfett wird für die Entstehung von Typ-2-Diabetes verantwortlich gemacht. Dieses Gewebe schüttet besonders viele Entzündungsstoffe aus, durch die Körperzellen ihre Insulin-Sensibilität verlieren. Auch der Typ-1-Diabetes wird nicht durch Zucker verursacht, sondern durch eine Autoimmunerkrankung ausgelöst.
    Studie des Deutschen Diabetes Zentrums
  12. Der Arzt sagt: Ihr Infekt klingt mit Antibiotika schneller ab
    CHECK:
    Mehr als 90 Prozent aller Infektionen der oberen Atemwege werden durch Viren ausgelöst, gegen die kein Antibiotikum etwas ausrichten kann. Durch einen Abstrich kann der Arzt ermitteln, ob Bakterien Infektauslöser sind - nur dann sind Antibiotika sinnvoll. Allerdings führen Ärzte diesen Test selten durch.
    Studie der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
  13. Der Arzt sagt:  Wer häufig die Beine übereinander schlägt, bekommt Krampfadern
    CHECK
    Völlig falsch. Ob jemand Krampfadern oder Besenreiser bekommt, hängt von seinen Genen ab. Starkes Rauchen und Bewegungsmangel begünstigen diese Veranlagung zur Bindegewebsschwäche allerdings.
    Studie der Deutschenn Gesellschaft für Phlebologie
  14. Der Arzt sagt: Lassen Sie am Abend die Kohlenhydrate weg - so nehmen Sie schneller ab
    CHECK
    Es kommt allein auf die Gesamtmenge der Kalorien an. Wann man wie viel isst, ist völlig unerheblich. Der Mythos, dass Zucker am Abend dick macht, beruht auf der These, dass unser Körper seine Energie vor allem aus Fettspeichern zieht. Kohlenhydrate am Abend würden diesen Prozess verhindern, da sie den Insulinspiegel heben. Dieses Hormon aktiviert die Zuckeraufnahme in die Zellen und bremst die Fettverbrennung. Die wissenschaftlichen Beweise für diese Annahme fehlen jedoch. Es gibt im Gegenteil sogar eine Langzeitstudie, die belegt, dass Kohlenhydrate vor dem Schlafengehen dasAbnehmen erleichtern. "Bei einer Gruppe, die über sechs Monate hinweg Kohlenhydrate hauptsächlich am Abend zu sich nahm, waren die Gewichtsverluste größer als bei denjenigen, die Kohlenhydrate über den ganzen Tag verteilt aßen", verrät die Ernährungsexpertin Dr. Anette Buyken.
    Langzeitstudie der Tufts University Boston
  15. Der Arzt sagt: Trinken Sie mindestens zwei Liter Wasser täglich
    CHECK
    Die Empfehlung aus dem Jahr 1945, wissenschaftliche Belege fehlen jedoch. In die zwei Liter müsste auch die Flüssigkeit aus der Nahrung (Obst, Gemüse, Suppen usw.) eingerechnet werden.
    Studio der University of Pennsylvania
  16. Der Arzt sagt: Essen Sie möglichst viel Rohkost
    CHECK:
    Vorsicht! Gerade älteren Menschen kann ein Übermaß an Ballaststoffen große Probleme bereiten. Zahlreich sind sie beispielweise in Vollkornbrot, Kleie, Müsli oder Rohkost enthalten und können durch eine Veränderung der Aufnahme aus dem Darm den Wirkungseintritt etwa von Schmerzmitteln (Acetylsaliclsäure, Paracetamol) und Antibiotika (Penicillin, Trimethoprim) negativ beinflussen. Daher sollten am besten keine ballaststoffhaltigen Lebensmittel vor bzw. nach der Einnahme dieser Medikamente gegessen werden.
    Studie der Universität Gießen
  17. Der Arzt sagt: Bei Brandwunden hilft Babypuder, das kühlt
    CHECK:
    Ein altes Hausmittel, das im schlimmsten Fall Infektionen auslöst. Brandwunden und Verbrühungen müssen leicht gekühlt und mit Feuctigkeit behandelt werden, Das heißt: Die Wunde reinigen und lauwarmes Leitungswasser vorsichtig längere Zeit darüberlaufen lassen.
    Studio der Ruhr-Universität Bochum
  18. Der Arzt sagt: Bei Knieverschleiß hilft eine Arthroskopie
    CHECK:
    Es ist die zweithäufigste OP Deutschlands. Dennoch warnen immer mehr Experten vor der Kniespiegelung. Bei diesem Eingriff wird über einen winzigen Hautschnitt das Kniegelenk geöffnet und mit steriler Kochsalzlösung gespült, um etwa verschleißbedingte Knorpelschäden zu glätten. "Es besteht die Gefahr, dass am Knie irgndetwas entfernt wird, was mit der Krankheit nichts zu tun hat. Der Patient leidet anschließend unter den Folgen der Operation", sagt Dr. Martin Marianowicz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Wirbelsäulen-Endoskopie.
    Review im "New England Journal of Medicine"
  19. Der Arzt sagt: Bleaching schadet den Zähnen überhaupt nicht.
    CHECK:
    Doch! "Diese kosmetische Behandlung kann zu einer Überempfindlichkeit und zu irreparablen Schäden am Zahnschmelz führen. In der Folge kommt es häufiger zu Karies und zu einer gewissen Brüchigkeit", sagt der Hamburger Zahnarzt Dr. Goran Bjic. "Auch viele Patientenmit sehr weißen Zähnen wünschen die die Bleaching-Behandlung. Ich würde jedem davon abraten, dessen Zähne keine starken Verfärbungen aufweisen."
    Studie der Universität Regensburg
  20. Der Arzt sagt: zu viel Salz erhöht den Blutdruck
    CHECK:
    Ursprung dieser These: Salz bindet Wasser. Wenn mehr Salz im Blut ist, steigt auch das Blutvolumen und drückt stärker auf die Wände der Blutgefäße. Doch Forscher fanden heraus, dass dieser Mechanismus vorallem bei Patienten funktioniert, die empfindlich auf Salz reagieren. Der Großteil der Bevölkerung ist aber salztolerant, selbst wenn größere Mengen verzehrt werden. Tipp: Essen Sie Salz und messen Sie danach den Blutdruck.
    Metaanalyse der Cochrane Collaboration

  21. Kürzlich im SWR Fernsehen "ganz interessant":
    hier klicken>LINK:

    https://www.swr.de/betrifft/betrifft-arzt-vertrauen/-/id=98466/did=18337162/nid=98466/1dck683/index.html

     

ENDE!